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Letzte Aktualisierung: 28.03.2024

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Hamlet und Turandot

Bregenzer Festspiele mit Ur- und Erstaufführungen

von von Karl-Heinz Stier und Ingeborg Fischer

(29.05.2016)  Bregenz erinnert sich in diesem Jahr an die Anfänge seiner Festspiele vor 70 Jahren. 1946 war in der auch von Bombardierungen betroffenen Stadt am Bodensee der Hunger nicht nur nach Brot, sondern auch nach Kunst und Kultur groß. Engagierte Bürger wagten es mit Erlaubnis der französischen Besatzungsmacht im Gondelhafen auf zwei Kieskähnen Mozarts märchenhaftes Singspiel „Bastien und Bastienne“ zu inszenieren. Junge Sänger und Sängerinnen zauberten für die begeisterten Besucher eine Schäfer-Idylle an das Ufer des Bodensees, begleitet vom Vorarlberger Rundfunkorchester und ohne Verstärker. 4, 9 und 12 Schilling Eintritt wurde damals verlangt.

Die Bregenzer Festspiele waren damit aus der Taufe gehoben. Nach nunmehr 70 Jahren wird im Gondelhafen nahe der Seebühne „Bastien und Bastienne“ wieder aufgeführt werden, ebenfalls ohne Verstärker und mit ähnlichen Kulissen wie 1946. Der Eintritt wird frei sein.

Freilich gibt es noch anderes Sehenswertes. 70 Jahre nach Festivalgründung spannen die Begrenzer Festspiele im kommenden Sommer einen breiten programmatischen Bogen von Ur – und Erstaufführungen an verschiedenen Spielorten. Künstlerisch eröffnet wird das knapp fünf Wochen dauernde Sommerfestival am 20. Juli mit der Oper Hamlet als Österreichische Erstaufführung im Festspielhaus. 1865 in Genua uraufgeführt erlebte das Werk des italienischen Komponisten Franco Faccio nur eine weitere Aufführung: 1871 an der Mailänder Scala. Die Bregenzer Festspiele bringen das auf dem gleichnamigen Drama von William Shakespeare basierende Werk im Sommer auf die Bühne. Für die Inszenierung zeichnet Oliver Tambosi verantwortlich, die musikalische Leitung liegt bei Paolo Carignani, der in diesem Sommer erneut auch Turandot als Wiederaufnahme-Premiere dirigieren wird.


Intendantin Elisabeth Sobotka
Foto: Karl-Heinz Stier
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Apropos Turandot – auch im Wiederaufnahme-Jahr ist Prinzessin Turandot begehrt. Nach Aussagen von Intendantin Elisabeth Sobotka war im letzten Jahr die Oper auf der Seebühne zu 99 Prozent ausgelastet („ein fulminanter Erfolg“). Auch in diesem Jahr ist sie begehrt. Für die 24 Vorstellungen sind derzeit 70 Prozent der 162000 aufgelegten Karten gebucht. Die Oper in der Inszenierung und im Bühnenbild von Marco Arturo Marelli avancierte im vergangenen Sommer zum bestbesuchten Puccini-Werk in einem ersten Spieljahr. Premiere ist am 21. Juli.


Szene aus Turandot auf der Seebühne
Foto: Anja Köhler
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Neben den großen Aufführungen auf der Seebühne mit annähernd 7000 Plätzen beinhalten die Festspiele jedoch mit der Werkstattbühne, den Aufführungen im Festspielhaus, dem Landestheater und dem neu gegründeten Opernstudio und anderen Aktivitäten bemerkenswert viele kulturelle beachtenswerte Ereignisse, was Elisabeth Sobotka ganz besonders am Herzen liegt.

Die Werkstattbühne wagt es – so die Intendantin – ein im Österreichischen Fernsehen 1977 nur einmal gezeigtes und dann abgesetztes Fernsehspiel als Musikspiel zu zeigen. Titel: Staatsoperette/ Die Austrotragödie von Franz Novotny und Otto M.Zykan. 1977 verursachte das Stück einen Skandal, weil die österreichische Geschichte in der Zeit von 1920-1938 falsch dargestellt sei. Der „Austrofaschismus“ und seine Protagonisten werden in dem Stück beleuchtet. 5 Puppen (Hitler, Mussolini, Dollfuß etc.) entlarven manches falsches Denken. Man darf gespannt sein. Die musikalische Leitung hat Walter Kobéra. Inszenierung Simon Meusburger


Festspieldramaturg Olaf Schmitt
Foto: Karl-Heinz Stier
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Möglich ist dies alles, auch das Opernstudio, weil – so Festspieldramaturg Olaf Schmitt - die Seebühne manches so Wichtige im Kulturbetrieb „Festspiele“ mitfinanziert. Vielen jungen Sängertalenten wird im Studio Anleitung von Brigitte Fassbaender erteilt und sie erarbeiten gemeinsam mit Dirigent Hartmut Keil und Regisseurin Barbara Wysocka in diesem Jahr „Don Giovanni“.

Bunt, kreativ und vor allem jung wird es erneut bei crossculture zugehen. Das Kinder- und Jugendprogramm der Bregenzer Festspiele zeigt bereits im Juni in Zusammenarbeit mit dem Bregenzer Stadtmarketing sowie dem Wiener ZOOM Kindermuseum und der Oper Köln die Klanggeschichte Lollo zum Mitgestalten und Mitmusizieren rund um das Thema Müll und Verwertung. Darüber hinaus gibt es Workshops und als Höhepunkt: die Orchesterhauptprobe von Turandot samt Rahmenprogramm von und für Jugendliche.

Im nächsten Jahr wird es auf der Seebühne Carmen geben. Über künftig weitere Aufführungen hüllt sich Intendantin Sobatka noch in Schweigen. Doch ihr Wunsch wäre es einmal, Cavalleria rustikana und Bajazzo aufzuführen. „Doch das wird vermutlich an den Aufführungszeiten scheitern“, meinte die Intendantin, die sich vielleicht auch mal eine neue Oper auf der Seebühne vorstellen könnte.

Für die Bregenzer Festspiele, die vom 20.Juli bis 21. August stattfinden, werden in rund 80 Veranstaltungen 182000 Tickets verkauft .

Infos und Tickets unter www.bregenzerfestspiele.com sowie Tel.: (0043)55744076