Lungenkrankheiten im Klimawandel
Wie man Erkrankungen mildert und Gesundheitssysteme stärkt
Steigende Temperaturen, mehr Allergene und Schadstoffe in der Luft und häufigere Extremwetter: Die Auswirkungen des Klimawandels betreffen Patienten mit Lungenerkrankungen in besonderem Maße – und damit die Pneumologie. Die Taskforce Klimawandel und Gesundheit der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) hat jetzt ein neues Positionspapier veröffentlicht, das die Komplexität des Themas umfassend beleuchtet und gleichzeitig konkrete Empfehlungen gibt, wie die Widerstandskraft Patienten und von ganzen Gesundheitssystemen gestärkt werden kann.
Dabei wird aufgezeigt, wie eine nachhaltige und anpassungsfähige Gesundheitsversorgung in Zukunft möglich sein kann. Das Autorenteam gibt kompakte und wissenschaftlich fundierte Antworten sowie Orientierungshilfen im Umgang mit der dynamischen Klimaentwicklung. „Unsere Vorschläge zur Begegnung des Klimawandels in der Pneumologie und Beatmungsmedizin liegen jetzt auf dem Tisch. Nun ist es an der Gesundheitspolitik der neuen Regierungskoalition, dies zu fördern“, sagt Mitautor Dr. Christian Grah, Sprecher der DGP-Taskforce Klimawandel und Gesundheit sowie Leitender Arzt Pneumologie und Lungenkrebs am Gemeinschaftskrankenhaus Havelhöhe in Berlin.
„Mitarbeiter im Gesundheitswesen sind eine größere Treibermacht, um gesellschaftliche Veränderung herbeizurufen, als sie glauben. Wir behandeln Menschen in jeder Bevölkerungsgruppe sowie jeder Lebenslage und sind für viele auch glaubhafte und seriöse Vorbilder und Gestalterinnen. Ich bin überzeugt, dass wir diese Kraft nutzen können bei der Bekämpfung des Klimawandels“, sagt Lungenarzt Grah.
Diese Maßnahmen können helfen: Von umweltfreundlichen Medikamenten bis zu Hitzeschutzkonzepten
Das neue DGP-Positionspapier führt konkrete Abmilderungs- und Anpassungsmaßnahmen auf, mit denen die Symptomlast für die Betroffenen verringert werden kann. Beim direkten Kontakt von Pneumologen und Patienten reichen die Vorschläge von klimasensibler Gesundheitsberatung über App-basierte Frühwarnsysteme zur Wetter- und Luftsituation und Medikamentenmanagement bei Hitze bis hin zu Tabak- und Nikotinentwöhnung. Auf der institutionellen Ebene geht es um Maßnahmen wie Abfallvermeidung und -recycling, nachhaltiges Beschaffungsmanagement oder Nutzung von regenerativen Energien. „Bisher kaum im Bewusstsein ist zum Beispiel, welchen Störfaktor Antibiotika, aber auch viele andere Medikamentengruppen für die Biodiversität darstellen. Wir benötigen mehr umweltfreundliche Arzneimittel und Medizinprodukte“, fordert Christian Grah. Ein wichtiger Hebel dabei sei beispielsweise die Umstellung von treibhausgashaltigen Dosieraerosolen auf Pulverinhalationssysteme immer dort, wo dies mit einem positiven Effekt für Patienten möglich sei.
Das kompakt gefasste, elfseitige Positionspapier zeigt neben dem Maßnahmenkatalog zwei weitere Schwerpunkte auf: Zunächst fasst es die Relevanz der Umweltveränderungen für die Pneumologie zusammen. „Wir alle haben die Neigung, bei dem Thema Klimawandel zu sagen: ‚Ich bin zu klein, zu machtlos, um das anzugehen.‘ Dabei haben wir als Ärzte und Wissenschaftler eine gewisse Überzeugungskraft in der Gesellschaft, um die Resilienz von Betroffenen und von unserem eigenen Arbeitsbereich gegenüber den Folgen des Klimawandels zu stärken“, sagt Grah.
Darauf aufbauend nimmt ein dritter Schwerpunkt des Positionspapiers die konkreten Auswirkungen des Klimawandels auf die Lungengesundheit in den Blick. „Es geht hier darum, wie sich die Behandlung von Lungenerkrankungen verändert beziehungsweise auch erschwert wird“, so der Pneumologe. So führen etwa Hitzeperioden und erhöhte Feinstaub- und Ozonkonzentrationen zu einem höheren Medikamentengebrauch und mehr Therapieinanspruchnahme bei Patienten mit Chronisch Obstruktiver Lungenerkrankung (COPD). „Auch die Auswirkungen in Bezug auf Krebs-Neuerkrankungen sind enorm: Pro Jahr registrieren wir aktuell rund sieben Millionen Krebstote weltweit durch den Klimawandel“, berichtet Grah.
Weitreichende Klimaauswirkungen: Gemeinsam an Lösungen arbeiten
Der Klimawandel hat weitreichende Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit. Klimatische Veränderungen sind eng mit dem Überleben verknüpft. Gleichzeitig wird durch das Überschreiten ökologischer Belastungsgrenzen die Grundlage für ein gesundes und sicheres Leben gefährdet. Diese Entwicklungen betreffen besonders vulnerable Gruppen wie ältere Menschen, Kinder und chronisch kranke Patienten. Für die Pneumologie hat diese Entwicklung somit eine besondere Bedeutung in der Therapie und Versorgung ihrer Patienten.
An dem DGP-Positionspapier haben neben Dr. Christian Grah mitgearbeitet: Dr. Andrea Elmer vom Medizinischen Versorgungszentrum an der DKD Helios Klinik Wiesbaden, Dr. Sophia Kirstein, Assistenzärztin an der Asklepios Lungenklinik Gauting, Privatdozent Dr. Stephan Walterspacher, Sektionsleiter für Pneumologie am Klinikum Konstanz, und Dr. Anastasia Weirich, Assistenzärtzin in der Lungenabteilung des Gemeinschaftskrankenhauses Havelhöhe in Berlin. „Wir in der Pneumologie übernehmen Verantwortung und zeigen, welchen Beitrag wir leisten können. Das Ziel von Politik, Wissenschaft und Gesellschaft muss es sein, jetzt gemeinsam die vorhandenen Vorschläge zur Klimafolgenanpassung umzusetzen und an weiteren Lösungen zu arbeiten“, betont Grah. Weitere Informationen unter www.pneumologie.de