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Versorgungslücke bei Internisten

Regionale Ungleichheiten in der Krankenhausversorgung

Die Innere Medizin ist ein wachsendes Fach, zunehmend weiblich und in der hausärztlichen Versorgung immer wichtiger. Dabei stellt die demografische Entwicklung auch die internistische Versorgung zunehmend vor Herausforderungen: Die alternde Gesellschaft leidet zunehmend an internistischen Erkrankungen. Andererseits erreichen viele Internisten in den kommenden Jahren das Renteneintrittsalter und die Facharztweiterbildung scheint in der zukünftigen Krankenhauslandschaft gefährdet.

Die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin e.V. (DGIM) hat deshalb in Kooperation mit der TU Berlin eine Analyse der Versorgungslandschaft in der Inneren Medizin und deren Entwicklung in den Jahren 2010 bis 2020 in Deutschland erstellt, die aktuell in der Deutschen Medizinischen Wochenschrift erschienen ist. Der Bericht zeigt wichtige Trends in der Inneren Medizin, die ein zukunftsfähiges Fach mit großer Attraktivität für den zunehmend weiblichen ärztlichen Nachwuchs bleibt. Er zeigt auch, dass es solche Analysen der Versorgungsstrukturen braucht, um gesundheitspolitische Entscheidungen auf der Grundlage von Daten zu fällen.

Noch nie waren so viele Internisten berufstätig wie heute. Von 2010 bis 2020 stieg ihre Zahl von fast 44 000 auf über 58 000 – ein Trend, der auch nach der Corona-Pandemie anhält: Ende 2023 waren laut Ärztestatistik der Bundesärztekammer 61 899 Internisten im Beruf. „Dieser enorme Zuwachs an Fachärzten für Innere Medizin – in nicht einmal 15 Jahren um 40 Prozent – zeigt, wie attraktiv die Innere Medizin als Fach ist“, erklärt Professor Dr. med. Dirk Müller-Wieland, Erstautor der Untersuchung und Co-Vorsitzender der DGIM-Kommission Struktur der Krankenversorgung. Der Frauenanteil ist im gleichen Zeitraum von 32 auf 40 Prozent angestiegen und scheint weiter zu wachsen.

Doch trotz der steigenden Zahl berufstätiger Internisten hat sich die Summe der geleisteten Arbeitsstunden kaum verändert. „Ein Grund ist, dass sich die Teilzeit-Quote im Untersuchungszeitraum fast verdoppelt hat“, sagt Professor Müller-Wieland. Damit komme die Innere Medizin dem Wunsch vor allem jüngerer Kollegen nach flexibleren Arbeitszeitmodellen bereits nach. „Um Ärzte im Beruf zu halten, müssen wir weiterhin mehr Anstrengungen für familienfreundliche Arbeitsbedingungen unternehmen“, so der Experte. Beispiel dafür seien etwa verlässliche Kinderbetreuungsangebote.

Trotz eines grundsätzlich gut ausgebauten internistischen Versorgungsnetzes offenbart die aktuelle Trendanalyse erhebliche regionale Ungleichheiten. „Besonders auffällig ist, dass bei spezialisierten Disziplinen wie der Rheumatologie, Angiologie oder Endokrinologie das Angebot in manchen Regionen deutlich zurückgeht“, sagt Professor Müller-Wieland. Solche Entwicklungen gefährden nicht nur die wohnortnahe Patientenversorgung, sondern auch die strukturelle Zukunft der Fachgebiete: „Wo Versorgungslücken entstehen, fehlen häufig auch die Voraussetzungen für ärztliche Weiterbildung und universitäre Forschung“, ergänzt DGIM-Generalsekretär Professor Dr. med. Georg Ertl und warnt vor einem schleichenden Verlust wichtiger internistischer Kompetenzen. „Darüber hinaus ist aber auch die hausärztliche Versorgung gefährdet, an der Internisten einen hohen Anteil haben”, so der Internist und Kardiologe.

Die DGIM fordert eine gezielte Stärkung dieser Bereiche – insbesondere im Rahmen der laufenden Krankenhausreform. Zugleich offenbart die Untersuchung aus Sicht der DGIM, dass mehr Forschung zum medizinischen Bedarf der Patienten nötig ist. „Um Kapazitäten und Strukturen der Krankenversorgung sinnvoll planen zu können, müssen wir besser verstehen, welche medizinischen Bedarfe in den unterschiedlichen Regionen bestehen“, sagt Professor Dr. med. Jan Galle, Vorsitzender der DGIM. Nur so könne eine patientenzentrierte Versorgung gelingen.

Kernaussagen der Trendanalyse

  • Immer mehr Internistinnen, Jüngere und Teilzeitkräfte prägen die Versorgungslandschaft: Der Anteil weiblicher (2011: 32%, 2020: 40%), jüngerer (<40J.; 2011: 15%, 2020: 18%) und in Teilzeit (2010: 15%, 2019: 29%) tätiger Internisten steigt an. Bis Ende 2023 stieg der Frauenanteil in der Innere Medizin weiter auf 42%, die Quote der Unter-40-Jährigen blieb bei 18%.
  • Internisten stellten 2020 fast jeden 3. Hausarzt; es zeigte sich eine Steigung von rund 25% (bzw. 13.412) im Jahr 2013 auf über 30% (bzw. 16.702) im Jahr 2020. 2023 stellten sie genau ein Drittel (33%).
  • Auch das Anstellungsverhältnis gewinnt an Bedeutung – klassische Niederlassungen nehmen ab: 2016: 2807 im Angestelltenverhältnis beschäftigte Internisten, 2020: 4027 Personen.
  • In Bezug auf die Schwerpunkte der Inneren Medizin sind die Versorgungsstrukturen regional unterschiedlich.